Der „böse" Wolf ? - Dia-Niederbayern

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Bayerischer Wald > Tierfreigehege > Wölfe 2016
Ist der „böse Wolf“ doch kein Märchen?
Am 05.05.2016 sind wir trotz dichter Bewölkung, Wind, Kälte und leichtem Nieselregen wieder am Wolfsgehege.
Wetterbedingt haben sich nur wenige Tierfreunde und keine Profifotografen eingefunden.
Dafür gesellen sich kurz nach 13 Uhr zwei Nationalpark-Ranger zu uns, die bereitwillig Fragen beantworten
und Auskunft erteilen.
Heute hält sich vor Mittag nur ein einzelner Wolf in der Nähe auf.
Wie am Montag läuft er sofort auf das Fahrzeug zu, aus dem wieder zwei andere Angestellte
das Futter auf den Felsen kippen.
Kaum sind die Menschen weg, macht sich das Tier schon über das Fressen her.
Da bekommt die Redewendung „Hungrig wie ein Wolf“ gleich eine ganz andere Bedeutung...
Nach und nach kommen die anderen Rudelmitglieder zum Fressen.
Wieder einer nach dem anderen und jeder ist sofort wieder weg. Das kennen wir von früher.
Das rangniedrigste Tier tut uns wirklich leid
Das verletzte Tier – der sog. „Omega-Wolf“ – ist heute deutlich später dran als am Montag und wird von seinen
Artgenossen nicht zur Futterstelle gelassen. Kaum nähert er sich in gewohnt unterwürfiger Körperhaltung dem
Felsen, kommt eines der Alphatiere angeschossen und jagt den armen Kerl wieder weg, obwohl noch genug
Futter da ist. Reiner Futterneid scheint es aber nicht zu sein.
Die Krähen, die sofort den Felsen belagern, sobald die Wölfe weg sind, bleiben unbehelligt und bleiben
teilweise sogar sitzen, wenn wieder ein Wolf ankommt.
Langsam tut uns der arme Wolf mit der schweren Verletzung am Rücken wirklich leid.
Nach einem lautstarken Kampf mit einem der überlegenen Tiere hinkt er zu einer Mulde,
in der er sich vor dem restlichen Rudel zu verstecken scheint.
Vorher ist er noch ganz normal gelaufen.
Die Ranger vermuten, dass der hinkende Wolf keine ernsthafte Verletzung davon getragen hat,
sondern nur so tut, als ob er verletzt wäre. Ein verletztes Tier wird in Ruhe gelassen.
Interessante Informationen zur Rangordnung bei Wölfen
Die Wölfe wollen das rangniedrigste Rudelmitglied nicht in Lebensgefahr bringen oder völlig
von der Nahrungsaufnahme abschneiden, sondern nur in seine Schranken weisen.
In der Natur würde der „Omega-Wolf“ bei der Jagd auf ein größeres Beutetier gebraucht
und er würde sich auch an der Jagd beteiligen.
Im Tiergehege müssen die Wölfe ihr Futter nicht selbst erlegen.
Trotzdem bleibt diese natürliche und angeborene Verhaltensweise auch bei Tieren erhalten,
die vom Menschen versorgt werden.
Sollte der Omega tatsächlich nicht zum Zuge kommen, wird er von den Rangern an einer Stelle gefüttert,
an die die ranghöheren Tiere normalerweise nicht zum Fressen kommen.
Dieses unsoziale Verhalten irritiert uns erst einmal ein wenig und passt so gar nicht in unsere Vorstellung
von diesen faszinierenden und scheuen Tieren.
Aber so ist die Natur. Manchmal einfach grausam.
Wölfe sind sehr soziale Tiere
Dabei sind Wölfe sehr soziale Tiere und trauern lange und extrem, wenn ein Rudelmitglied stirbt.
Wölfe trauern auch um rangniedrige Tiere. Sie würden auch um den Omega-Wolf trauern,
wenn sie ihn verlieren würden.
Als das Alphapaar und ihr Nachwuchs in ein anderes Freigehege verlegt wurden,
war das ganze Rudel Jahre lang völlig durcheinander.
Die Bilder von 8-10 Wölfen beim Fressen gehören schon lange der Vergangenheit an.
Keine Angst vor dem „bösen Wolf“
In freier Wildbahn kommt die Chance, einem Wolf zu begegnen, einem Lottogewinn gleich.
In der Natur gehen Wölfe - und auch andere wilde Tiere wie Füchse, Luchse und Bären -
dem Menschen grundsätzlich aus dem Weg.
Bislang gibt es keinen einzigen überlieferten Angriff auf einen Menschen. So was gibt es nur in Grimms Märchen.
Trotzdem hält sich die Angst vor dem „bösen Wolf“, der kleine Mädchen und arme alte kranke Großmütter frisst,
bei vielen Menschen bis ins Erwachsenenalter.
Raubtiere sind intelligent und lernfähig.
Und so haben auch Wölfe, Luchse und Bären gelernt, dass ihnen der Mensch gefährlich werden kann.
Deshalb empfinden wilde Tiere den Menschen als Bedrohung.
Leider häufig berechtigterweise, wie die Luchs-Morde im Oberpfälzer Teil des Bayerischen Wald beweisen.
Vielleicht sollte das Kinderlied „Wer hat Angst vor dem bösen Wolf“ eher heißen:
„Welcher Wolf hat Angst vor dem bösen Menschen?“
Zum Glück müssen die Wölfe vor den vielen Tierfreunden, die sich regelmäßig vor ihrem Gehege einfinden,
um diese einzigartigen und faszinierenden Tiere aus der Nähe zu sehen, keine Angst haben.
Und so hoffen wir, dass wir auch bei unserem nächsten Besuch wieder neue Geschichten und Fotos
von den „Big Five“ im Nationalpark Bayerischer Wald präsentieren können.
 
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